Als Führungskraft kommt es vor, dass Mitarbeitende bei dir im Vertrauen Probleme mit Kollegen ansprechen. Wie gehst du mit solchen Informationen um, ohne das Teamklima zu gefährden? In diesem Artikel zeige ich dir, wie du empathisch und konstruktiv reagieren kannst, um solche Herausforderungen zu meistern.
In meiner Zeit als Führungskraft kam es vor, dass Mitarbeitende die Tür meines Büros hinter sich geschlossen haben mit Worten wie:
„Ich muss dir was sagen, was du wissen musst. Die Luisa macht den ganzen Tag mit ihrem Handy rum statt zu arbeiten. Aber du darfst ihr nicht sagen, dass ich dir was gesagt habe. Ich glaube, sie hat einen neuen Freund.“
Führungspersonen haben eine besondere Wirkung und damit auch Verantwortung für die Art des Umgangs miteinander. Wenn ein Mitarbeitender dir also von einem Problem mit einer Kollegin erzählt, ist es umso wichtiger, dass du empathisch, authentisch und überlegt handelst.
Hier sind einige Schritte, die dir dabei helfen können:
1. Ruhe bewahren und aktiv zuhören
Höre aktiv und aufmerksam zu. Zeige echtes Interesse am Anliegen deines Gegenübers und zeige, dass du dieses ernst nimmst.
„Danke, dass Sie mir das sagen. Das klingt als würden Sie sich ärgern - ist das so?“
„Mhja, nicht direkt ärgern, aber ich finde es unfair, weil wir alle so viel Arbeit haben und die hat Zeit für Privatgeplänkel.“
2. Urteile in Bedürfnisse übersetzen und emphatische Fragen stellen
Versuche zu verstehen, worum es dem Erzählenden wirklich geht. Was sind seine Gefühle und Bedürfnisse?
„Sind Sie frustriert, weil Ihnen eine faire Arbeitsverteilung wichtig ist?“
3. Verständnis zeigen ohne Partei zu ergreifen
Formuliere dein Verständnis für die Situation, indem du beispielsweise sagst: „Bei mir kommt an, dass du frustriert bist, weil du...". Das zeigt, dass du seine Perspektive nachvollziehst ohne zuzustimmen oder Partei zu ergreifen. Ziel ist es, die Bedürfnisse aller Beteiligten zu verstehen.
4. Klarheit schaffen und Grenzen setzen
Bitte den Mitarbeitenden, konkrete Beobachtungen und Beispiele zu nennen, ohne Bewertungen, Verallgemeinerung ("ganzer Tag") oder Verurteilungen. Oft braucht das deine aktive Unterstützung. Dies hilft dir, die Situation besser zu verstehen und Fakten von Interpretationen zu trennen.
Zur Klarheit gehört auch, zu unterbrechen wenn Beleidigungen oder Beschimpfungen formuliert werden.
„Ich interessiere mich für das, was Ihnen am Herzen liegt. Gleichzeitig ist mir ein wertschätzender Umgang miteinander wichtig. Ich bitte Sie, diese Formulierungen über die andere Person zu lassen und stattdessen darüber zu sprechen, was Ihnen wichtig ist.“
5. Vertraulichkeit gewährleisten
Stelle sicher, dass die Informationen vertraulich behandelt werden, um das Vertrauen im Team zu wahren. Dazu gehört aber auch, der Person, die erzählt klar zu machen, dass du die eben gelieferte Information nicht benutzen kannst, um Luisa darauf anzusprechen.
„Ich vermute, dass Sie Sorge haben, die Zusammenarbeit zwischen Luisa und Ihnen würde schwierig werden, wenn ich Sie darauf anspreche, was Sie mir gesagt haben. Möchten Sie deswegen nicht, dass sie erfährt, was Sie mir gesagt haben?“
„Ja, es ist eh schon so angespannt zwischen uns, dann würde es noch schlimmer.“
6. Lösung suchen
Frage nach, welchen Vorschlag / Idee / Wunsch oder konkrete Bitte die Person an dich hat.
„Ich verstehe, dass die Situation zwischen Ihnen beiden belastend ist und Sie mich daher um Vertraulichkeit bitten, während Sie sich eine faire Arbeitsverteilung wünschen. Haben Sie einen Vorschlag, wie wir damit umgehen können?“
„Vielleicht würden Sie sich mit uns zusammen setzen, um so ganz grundsätzlich die Aufgabenverteilung mit uns zu besprechen.“ „Klar, passt morgen früh?“
7. Dialog fördern und Betroffene einbeziehen
Ermutige den Mitarbeitenden, das Gespräch direkt mit der betroffenen Kollegin zu suchen. Unterstütze ihn dabei, die Prinzipien der Gewaltfreien Kommunikation anzuwenden: Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis und Bitte. Du kannst auch anbieten, das Gespräch zu dritt zu führen und die Moderation zu übernehmen.
8. Klare Kommunikation
Stelle sicher, dass alle Mitarbeiter die Regeln und Erwartungen hinsichtlich des Verhaltens und der Kommunikation im Team kennen. Wenn es diese noch nicht gibt - erarbeitet sie gemeinsam! Eine Kultur der offenen und direkten Kommunikation kann solche Situationen reduzieren oder ganz eliminieren.
9. Nachfassen
Überprüfe zeitnah ob die getroffenen Maßnahmen erfolgreich waren und ob sich die Situation verbessert hat. Zeige, dass dir das Wohl des Teams am Herzen liegt.
10. Und nicht zuletzt: kenne deine Trigger!
Wenn du denkst „Oh nä, wie soll ich denn jetzt mit dem Petzen umgehen, wenn ich nichts sagen darf? Was soll das??“ dann hast du selbst Urteile und bist vermutlich nicht in der Lage, neutral und offen mit deinem Gegenüber eine Lösung zu finden.
Also gilt auch für dich selbst: finde heraus, was dir wichtig und nicht erfüllt ist - da kommt dein Urteil her!
Vermutest du, dass die Erzählerin Luisa in Schwierigkeiten bringen will? Dann könnte das „Etikett" Petze ein Ausdruck deines Bedürfnisses nach einem sicheren und vertrauensvollen Umfeld sein.
Oder geht es dir um Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang miteinander und du hast den Wunsch, dass Dinge, die jemanden stören direkt mit der betroffenen Person angesprochen werden? Vielleicht sind auch die Bedürfnisse Zusammenhalt und Loyalität in Mangel geraten oder Respekt?
Das für dich rauszufinden ist ein wichtiger Schritt, um besser zu verstehen, wieso du dich in der Situation unwohl fühlst. Dann kannst du konstruktivere Wege finden, mit der Situation umzugehen.
Wie gehst du bisher mit solchen Situationen um was möchtest du nach diesem Artikel ändern?