"Gefühle haben am Arbeitsplatz nix zu suchen!"
Cool sein (= die Abwesenheit von Gefühlen) ist besser als authentisch zu sein. Und nett kommt man auch ganz gut durchs Leben. Auf keinen Fall aber kann ich mich im Job zeigen, wie ich wirklich bin und erst recht geht es niemanden was an, wie es mir geht. So oder ähnlich höre ich das oft von Seminarteilnehmern.
Ich stimme voll und ganz zu, dass es überhaupt nicht hilfreich ist, sich in einer als bedrohlich empfundenen Umgebung, verletzlich zu machen. Es ist genau so wenig hilfreich in Tränen oder wütendes Gebrüll auszubrechen.
Aber: Business ist aus meiner Sicht nichts anderes als ein Knäuel an Beziehungen: zu Kollegen, Vorgesetzten, Mitarbeitenden, Kunden, Lieferanten... und das ganz ohne Gefühle? Echt jetzt?
Ich muss meine Gefühle nicht jedem aufs Brot schmieren, sie aber dauerhaft zu ignorieren oder unterdrücken macht krank. Dann sagt der Körper nein zu etwas, was der Verstand vielleicht noch nicht mal wahrgenommen hat.
Das Stress krank macht, hat sich inzwischen rum gesprochen. Die bedeutendsten Stressoren des Menschen sind emotionaler Natur und weisen auf das Fehlen oder den drohenden Verlust von etwas hin, das unser Körper als überlebensnotwendig empfindet.
Hunger weist darauf hin, dass Nahrung fehlt, das ist eindeutig. Was ist mit ständiger Gereiztheit oder Müdigkeit trotz ausreichend Schlaf? Irgendwie so oft „grundlos“ traurig...?
Oft ist es gar nicht so leicht, herauszufinden, was es ist, das wir grade brauchen. Und dafür zu sorgen, dass wir das auch kriegen. Die gute Nachricht:
Wir können lernen, Gefühle als Warnsignale zu nutzen, die uns auf unsere Bedürfnislage hinweisen. Unangenehmes Gefühl – was Wichtiges fehlt, angenehmes Gefühl – Bedürfnistank gut gefüllt.
Erfahrungen aus einer früheren Zeit in unserem Leben haben vielleicht dazu geführt, dass wir uns bestimmte Gefühle gar nicht mehr erlauben. Wütend sein z. B. oder erschöpft oder traurig. „Sei nicht so empfindlich!“ wurde uns als Kind vielleicht gesagt oder „Sei nicht so wild... albern... wütend...“ Auch das erlebe ich immer wieder in meinen Seminaren „Mir fällt kein Gefühl ein.“ oder "Ich habe gar kein Bedürfnis". Im Denken und schnell Lösungen finden sind wir hingegen gut trainiert, beim Fühlen wird es schwierig.
Das ist übrigens sehr nützlich für die Arbeitgeber, bei denen es immer noch als schick gilt, gestresst zu sein und immer für Chef oder Kunden erreichbar zu sein.
„Igittigittigitt“ hat neulich ein Interessent am Telefon zum Thema Gefühl gesagt. Vorher hat er mir erzählt, dass er die Gewaltfreie Kommunikation voll verinnerlicht hat, weil er alle Bücher dazu gelesen hat. Hm. Er kam nicht zum Seminar, er wusste ja schon alles.
Aus meiner Sicht ist emotionale Kompetenz der Schlüssel zu Resilienz und physischer wie psychischer Gesundheit - nicht nur in der Arbeitswelt.
Ich verstehe darunter die Fähigkeit
Und dann war da noch der Kollege, dem keiner sich traut was zu sagen, weil er dann wieder ausrastet - keine Gefühle am Arbeitsplatz?
Übrigens:
Die Methode und Haltung der Gewaltfreien Kommunikation, die die Basis meiner Arbeit ist, bietet eine Möglichkeit, diese emotionale Kompetenz zu erlangen.
Welchen Weg hast du für dich gefunden?